Geothermie
Strokkur Geysir, Island
Technologie
Rund 90 % aller Haushalte Islands werden über Thermalquellen beheizt. Es gibt viele Regionen mit heißen Thermalquellen z.B. in Japan, Italien, und die Westküste Amerikas.
Heißes Thermalwasser wurde bereits von den alten Römern genutzt. Thermen prägten die römische Kultur. Neugegründete Städte lagen daher oft da, wo es auch natürliche Thermalquellen gab, wie in Wiesbaden oder Aachen.
Aber was ist Geothermie eigentlich?
Geothermie
Wärme von tief unten
Rund 90 % aller Haushalte Islands werden über Thermalquellen beheizt. Es gibt viele Regionen mit heißen Thermalquellen z.B. in Japan, Italien, und die Westküste Amerikas.
Heißes Thermalwasser wurde bereits von den alten Römern genutzt. Thermen prägten die römische Kultur. Neugegründete Städte lagen daher oft da, wo es auch natürliche Thermalquellen gab, wie in Wiesbaden oder Aachen.
Aber was ist Geothermie eigentlich?
Erdschichten
Unter uns!
Unter uns besteht die Erde aus verschiedenen Schichten mit unterschiedlichen Temperaturen. Der Erdkern ist mit 4.800°C bis 7.700°C der heißeste Teil. Etwa 99 % der Masse unseres Planeten ist heißer als 1.000°C!
Wenn man Richtung Erdoberfläche kommt, nimmt die Temperatur immer weiter ab.
Allerdings sind die Bodenschichten nicht überall gleich. Es gibt im Erdmantel stets Verwerfungen und Brüche, an denen die Wärme des Erdkerns schneller nach oben vordringt und sich damit weniger abkühlt. Das sieht man an Geysiren, die meist da auftreten, wo es – wie auf Island, Japan und Hawaii – vulkanische Aktivität gibt.
Wenn wir anfangen in die Tiefe zu graben, werden in den ersten 15 bis 20 Tiefenmetern die Temperaturen des Bodens durch die Sonneneinstrahlung und durch Sicker- und Grundwasser bestimmt. Darunter nimmt die Temperatur durchschnittlich um etwa 3°C pro 100 m Tiefe zu.
Durch das Temperaturgefälle zwischen dem heißen Erdinnern und der kühlen Erdoberfläche wird ständig Erdwärme aus der Tiefe nachgeliefert. Für die geothermische Nutzung stehen also praktisch unerschöpflich große Wärmemengen zur Verfügung. Deshalb zählt die Geothermie zu den erneuerbaren Energien.
Temperaturen
Unter Deutschland!
Je weiter wir in Deutschland nach unten graben würden, desto wärmer wird der Boden. Allerdings ist das nicht überall gleich. Und je tiefer man bohrt, desto mehr wird die Bohrung zu einer Reise in das Unbekannte.
Insbesondere im südlichen Rheingraben, südlich der Donau, aber auch in weiten Teilen Norddeutschlands gibt es aber in einer Tiefe von über 2.000 m Temperaturen von 80°C und mehr. Das ist für eine hydrothermale Nutzung – also als Heizenergie – völlig ausreichend.
Wenn man das heiße Wasser auch zur Stromerzeugung nutzen möchte, braucht man Dampf, also Temperaturen von 120–150°C. Dazu muss man noch tiefer graben, oder man muss Gebiete finden, wo uns die Hitze des Erdinnern quasi mehr als anderswo entgegenkommt. So wie bei den Thermalquellen.
Man sieht aber an den Karten auch Folgendes. Je tiefer wir graben, desto größer werden die grauen Gebiete, wo wir nicht wissen, was da ist. Diese Teile der Erde sind uns letztlich unbekannt. Geologen können mit modernsten Methoden viele Untersuchungen machen, aber es war da noch niemand. Außer Jules Verne.
Nutzung
Bayern – deutscher Meister
In Deutschland gibt es 38 Geothermieanlagen, die zusammen eine Wärmeleistung von 350 MW thermisch aufbringen. Davon liefern 11 Anlagen auch Strom. Allerdings zusammen nur 40 MW elektrisch. Es geht also, aber wirklich viel ist das nicht.
23 der 38 Geothermieanlagen werden in Bayern betrieben. Hier sind südlich der Donau gute geologische Bedingungen gegeben und gerade die Stadtwerke München sind hier an einer Nutzung der Geothermie auch wirklich interessiert. Die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien ist das erklärte Ziel der Stadtwerke München.
Die tiefe Geothermie kämpft seit Jahren nicht nur mit technischen Fragen, sondern mit ungenügenden rechtlichen Rahmenbedingungen, die den Einstieg in eine Nutzung erschweren. So sind zurzeit nur 4 Projekte in Bau, davon 3 in Bayern. Immerhin wird geforscht. 5 Forschungsprojekte laufen, davon 2 in Bayern.
Der konsequente Ausbau der tiefen Geothermie in Deutschland ist nicht nur sinnvoll, sondern zwingend – und zwar insbesondere im Ruhrgebiet. Mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung fällt dort die Wärmequelle für die städtischen Wärmenetze weg, die nun durch eine erneuerbare Energie ersetzt werden muss. Angesichts der dort benötigten riesigen Wärmemengen ist die Geothermie die erste Wahl.
Technik
Alles, was geht
Mehr Schwung hat die oberflächennahe Nutzung der Geothermie, die viele Hausbesitzer kennen. Gerade bei Neubauten ist eine Wärmepumpen-Heizung über Bodenkollektoren oder Erdsonden eine gute Alternative.
Trotz hoher Investitionskosten für den Häuslebauer ist das durchaus wirtschaftlich attraktiv. Rund 420.000 Anlagen mit einer Bohrtiefe bis 400 m und einer thermischen Leistung von 6.300 MW sind in Deutschland in Betrieb. Rund 20.000 Anlagen kommen jedes Jahr hinzu. Damit werden meist einzelne Gebäude beheizt. Immerhin.
Die tiefe Geothermie beginnt bei 1.000 m Tiefe und reicht dann auch mal bis zu 5 km tief in den Untergrund. Bei guten geologischen Bedingungen sind Temperaturen von deutlich über 100°C erzielen. Das ist die Voraussetzung, um mit Geothermie auch Strom zu gewinnen, in dem über Dampfturbinen ein Generator angetrieben wird.
Der technische und finanzielle Aufwand solch tiefer Bohrungen ist entsprechend hoch, sodass nur wirklich größere Anlagen mit einer hohen Leistung sich wirtschaftlich darstellen lassen. Das erfordert auch viele Abnehmer der Wärme. Daher sind solche Anlagen nur für größere Städte und Metropolen – wie z.B. München – eine attraktive Lösung. Für den ländlichen Raum ist das leider nichts.
Risiken
Reise ins Unbekannte
Man mag sich fragen, wo der Haken an der Sache ist. Die Energie ist ja schließlich kostenlos im Boden. Das Problem sind die Risiken der Bohrung. Nicht jede Bohrung ist erfolgreich, aber jede tiefe Bohrung kostet Millionen.
Man weiß letztlich nicht genau, was einen da unten am Ende des Bohrlochs genau erwartet. Zwar lassen sich die Temperaturen im Untergrund recht gut abschätzen, aber nicht, ob gerade da, wo gebohrt wird, auch genügend Wasser erhitzt werden kann. Die tieferen Erdschichten sind eben nur punktuell und oft in geringem Ausmaß erkundet.
Die Bodenbedingungen sind an jedem Standort anders. Mangels Erfahrung sind Risiken kaum abschätzbar. Geologen vermessen vorher mit einer 3D-Seismik bis in 6.000 m Tiefe das Echo verschiedener Gesteinsschichten. Aber ein erhebliches Restrisiko bleibt. Und das trägt bisher jeder Planungsträger allein.
Tiefbohrungen sind technisch aufwendig und kostenintensiv und stellen aufgrund der jeweiligen Druck-, Temperatur- und Gesteinsverhältnisse hohe Anforderungen an die Bohrverfahren. Hier kann vieles schief gehen. Dann ist nicht nur ein Bohrgestänge versenkt worden, sondern viele Millionen Euro gleich mit.
Jede Bohrung ist eine Reise in eine unbekannte Welt. Das ist das Risiko.
Chancen
Island ist überall
Risiken kennt man auf Island nicht. Aufgrund der einmaligen Geologie der Vulkaninsel sprudelt heißes Thermalwasser aus vielen Quellen an die Oberfläche. Tiefbohrungen braucht man dort nicht. Happy Iceland!
Auch in Deutschland kennen wir diese Orte, z.B. in Andernach, Wiesbaden oder Aachen. Aber grundsätzlich ist dieses heiße Thermalwasser überall. Man muss halt im Zweifel noch tiefer bohren, um an diese Energie heranzukommen. Damit reduziert sich das Problem auf eine geeignete Bohrtechnik und das Sammeln von Wissen über die unbekannte Welt unter unseren Füßen. Das sollte leistbar sein.
Für größere Städte ist Geothermie die Heizenergie der Zukunft. Sie ist CO2-neutral, überall verfügbar – wenn auch in großer Tiefe – und sie ist jederzeit verfügbar. Sie verbraucht keine Biomasse, benötigt nur kleinste Flächen und ist kostengünstig, wenn sie in großen Einheiten für viele Verbraucher bereitgestellt wird.
Es ist auch eine ordnungspolitische Aufgabe des Staates, einen Rahmen dafür zu schaffen, wie die Bohrungsrisiken so verteilt werden können, dass die einzelne Bohrung sich wirtschaftlich besser darstellt. Dann sollte die Tiefengeothermie auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen. Die Niederlande hat hier 2018 ein Vorbild geschaffen, wie das gelingen kann.